Arbeitsrecht | Einkommensteuer | Besteuerung einer Altersrente (FG)

Die Besteuerung von Altersrenten mit dem Besteuerungsanteil verstößt nicht gegen das Verbot der Doppelbelastung, wenn aufgrund des anzuwendenden Nominalwertgrundsatzes keine Doppelbesteuerung eingetreten ist und auch nicht eintreten wird. Die Lebenserwartung der jüngeren Ehefrau im Hinblick auf eine künftige Hinterbliebenenrente, der Werbungskostenpauschbetrag, der Sonderausgaben-Pauschbetrag, die Sonderausgabenabzüge im Zusammenhang mit der Rente und die steuerfreien Zuschüsse der Rentenversicherungsträger bleiben unberücksichtigt (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 1.10.2019 - 8 K 3195/16, Revision zugelassen).

Sachverhalt: Im Streitfall hatte der verheiratete Kläger ca. 10 Jahre lang als Auszubildender und Angestellter Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet. Als freiberuflich Tätiger war er auf Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) bis zum Eintritt in den Ruhestand pflichtversichert. Seit Dezember 2007 bezieht er eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Das beklagte FA berücksichtigte einen steuerpflichtigen Besteuerungsanteil von 54 %. Dies sei verfassungswidrig - so der Kläger. Als Freiberufler habe er 89,15 % der Beiträge aus versteuertem Einkommen gezahlt. Der Kläger legte Versicherungsverläufe der DRV für sich und seine Ehefrau vor sowie die als beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben geltend gemachten Versicherungsaufwendungen in tabellarischer Form, kopierte Auszüge der Einkommensteuererklärungen und die Einkommensteuerbescheide der Jahre 1971-2007. Die DRV hatte Angaben zum Umlageverfahren und zur Höhe einer möglichen Witwenrente gemacht.

Weder der Einspruch noch die Klage hatten Erfolg. Der BFH hielt die Klage für begründet, verwies die Sache aber an das FG zurück. Weitergehende Informationen zum vorrangehenden BFH-Urteil finden Sie bei Nacke, KSR 12/2016 Seite 4. (NWB DokID: BAAAF-87137)

Das FG führte dazu aus:

  • Die Summe der dem Kläger nach der statistischen Lebenserwartung nach der im Zeitpunkt des Renteneintritts letztverfügbaren Sterbetafel voraussichtlich steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge ist höher als der vom Kläger aus versteuertem Einkommen geleistete Teil seiner Altersvorsorgeaufwendungen.
  • Die Berechnung der steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge erfolgte auf Grundlage des Nominalwertprinzips. Es berücksichtigte weder die Lebenserwartung der jüngeren Ehefrau im Hinblick auf eine ihr möglicherweise künftig zufließende Hinterbliebenenrente, den Werbungskostenpauschbetrag, den Sonderausgaben-Pauschbetrag, die Sonderausgabenabzüge für die aus der Rente zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge und Pflegeversicherungsbeiträge noch nach § 3 Nr. 14 EStG steuerfreie Zuschüsse der Rentenversicherungsträger zu Krankenversicherungsbeiträgen.
  • Die Einkommensteuer ist eine „Personensteuer“. Es gilt daher der „Grundsatz der Individualbesteuerung“. Sonderausgaben und Steuerbefreiungen dienen der Freistellung des Existenzminimums. Dies gilt auch für den Grundfreibetrag. Der Werbungskostenpauschbetrag verwirklicht das objektive Nettoprinzip.
  • Bei der Berechnung der aus versteuertem Einkommen entrichteten Altersvorsorgeaufwendungen wurden die Beiträge zu den verschiedenen Sparten der Sozialversicherung gleichrangig einschließlich derjenigen zu privaten Kranken- oder Pflegeversicherungen, soweit sie der Erlangung eines mit dem Niveau der gesetzlichen Versicherung vergleichbaren Schutzes dienten berücksichtigt.
  • Sofern Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, ist „der für die Veranlagungszeiträume bis 2004 gewährte Sonderausgabenabzug zwischen den Ehegatten gleichmäßig im Verhältnis der von ihnen geleisteten und geltend gemachten Versicherungsbeiträgen aufzuteilen und dann der anteilig auf die Rentenversicherungsbeiträge des betroffenen Ehegatten entfallende Anteil am Sonderausgabenabzug zu ermitteln.“ Eine hälftige Aufteilung des Vorwegabzugs ist nicht sachgerecht.
  • Für die Frage, ob Aufwendungen für die Altersvorsorge aus versteuertem Einkommen erbracht wurden, kommt es nicht auf die Höhe der Einkommensteuer an.

Hinweis:

Im ersten Rechtsgang hatte das FG die Klage abgewiesen (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 4.6.2014 - 8 K 389/11, NWB DokID: IAAAE-86251). Diese Entscheidung hatte der BFH aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (BFH, Urteil v. 21.6.2016 - X R 44/14, NWB DokID: AAAAF-85043).
Das FG Baden-Württemberg lässt die Revision zum BFH nun nochmals zu, da „die Einzelheiten zur Ermittlung einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung“ noch nicht höchstrichterlich geklärt seien. Das Urteil finden Sie auf der Homepage des FG Baden-Württemberg.
Hauptbezug: FG Baden-Württemberg, Urteil v. 1.10.2019 - 8 K 3195/16, NWB DokID: AAAAH-36774) sowie Pressemitteilung des FG Baden-Württemberg Nr. 13/2019 vom 2.12.2019 (ImA)

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