Sachverhalt: Im Jahr 2016 wurde über das Vermögen der Klägerin aufgrund von Fremdinsolvenzanträgen das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Insolvenzverwalterin verwertete im Streitjahr 2017 zwei in den Jahren 2009 und 2010 erworbene, vermietete Mehrfamilienhäuser. Diesbezüglich erklärte die Klägerin in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr einen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften, den das FA mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Einkommensteuerbescheid berücksichtigte.
Im Jahr 2020 wurde das Insolvenzverfahren beendet. Einer Restschuldbefreiung bedurfte es wegen der vollständigen Befriedigung der Gläubiger der Klägerin nicht. Mit Schreiben v. 7.7.2021 beantragte die Klägerin den Abzug von "Kosten des Insolvenzverfahrens" als Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften (u.a. Verwertungskosten, Gerichtskosten des Insolvenzverfahrens, Haftpflichtversicherung des Insolvenzverwalters, Kosten für den Steuerberater). Das FA berücksichtigte die Kosten nicht. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (FG Hamburg, Urteil v. 19.10.2023 - 1 K 97/22).
Die Richter des BFH hoben das Urteil auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück:
- Die Beurteilung, ob Aufwendungen durch eine einen Einkünftetatbestand verwirklichende Tätigkeit oder privat veranlasst sind, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung des Finanzgerichts.
- Dies gilt nicht für solche Aufwendungen, die zwar ihre Ursache in einer durch den Insolvenzverwalter durchgeführten Verwertungsmaßnahme haben, aber auch angefallen wären, wenn der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut außerhalb eines Insolvenzverfahrens veräußert hätte und in einem solchen Fall als Werbungskosten abziehbar wären.
- Eine Berücksichtigung der streitigen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung im Sinne von § 33 EStG kommt nicht in Betracht, da Insolvenzen keineswegs unüblich und damit nicht außergewöhnlich sind (BFH-Urteil v. 16.12.2021 - VI R 41/18, BFHE 275, 194, BStBl II 2022, 321, Rz 31).
- Die Sache ist jedoch noch nicht spruchreif: Der Senat kann auf Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden, ob sämtliche der von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen sind. Denn das FG hat nicht festgestellt, inwieweit es sich bei den "Kosten des Insolvenzverfahrens" um ausschließlich durch jenes Verfahren verursachte Aufwendungen oder aber um solche gehandelt hat, die zwar im Rahmen des Insolvenzverfahrens angefallen sind, jedoch vordergründig durch eine einen Einkünftetatbestand verwirklichende Tätigkeit der Klägerin veranlasst worden und daher steuerlich berücksichtigungsfähig sind. Dies wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.
Quelle: BFH, Urteil v. 13.8.2024 - IX R 29/23; NWB Datenbank (il)
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