Einkommensteuer | Teleologische Reduktion des § 3c Abs. 2 EStG bei Zinsen auf Darlehen von Gesellschaftern (BFH)

Der BFH bestätigt die Nichtanwendung des Teileinkünkfteverfahrens für Sonderbetriebseinnahmen. § 3c Abs. 2 EStG findet im Wege teleologischer Reduktion in dem Umfang auf Betriebsausgaben der Gesamthand keine Anwendung, soweit diese Sondervergütungen der Gesellschafter sind (BFH, Urteil v. 6.2.2020 – IV R 5/18; veröffentlicht am 22.5.2020).

Hintergrund: Nach § 3c Abs. 2 EStG dürfen u. a. Betriebsausgaben, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zu 60 % abgezogen werden. Die Norm bezweckt, dass bei steuerbefreiten Einnahmen kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den zusätzlichen Abzug von mit diesen Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen erzielt wird.

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG mit Sitz im Inland. Gegenstand ihres Unternehmens ist u. a. die Verwaltung einer 100 %-igen Beteiligung an einer spanischen Aktiengesellschaft. Beteiligte der Klägerin sind die A GmbH als Komplementärin ohne Kapitaleinlage sowie im Streitjahr insgesamt 85 Kommanditisten. Die Gesellschafter gaben der Klägerin Darlehen gegen angemessene Verzinsung.

In ihrer Feststellungserklärung erklärte die Klägerin laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb und für ihre Gesellschafter Sonderbetriebseinnahmen (in Form von Zinseinkünften aus Gesellschafterdarlehen), die jeweils dem Teileinkünfteverfahren unterlägen, da im Ergebnis ansonsten eine Doppelbesteuerung und keine Gesamtbesteuerung vorliegt.

Das FA erhöhte im Rahmen einer Außenprüfung die Sonderbetriebseinnahmen und ordnet diese nicht dem Teileinkünfteverfahren zu.

Da eine exakte Zuordnung der Betriebsausgaben auf Gesellschaftsebene nicht möglich war, hatte das FA die auf die nach § 3 Nr. 40 EStG begünstigten Einnahmen entfallenden Ausgaben dahin geschätzt, dass die Betriebsausgaben im Verhältnis der vereinnahmten Dividenden zu den Gesamteinnahmen nach § 3c Abs. 2 EStG nur teilweise abzugsfähig sind. Das FA ging damit davon aus, dass auch von den Betriebsausgaben (und damit auch von den Zinszahlungen an die Gesellschafter) gem. § 3c Abs. 2 EStG nur zu 60 % abzugsfähig sind. Im Ergebnis kam es zur 100%-igen Besteuerung der Zinseinkünfte auf Ebene des Sonderbetriebsvermögens und auf Ebene der Gesellschaft nur zum Betriebsausgabenabzug von 60 % für die Zinsaufwendungen gem. § 3c Abs. 2 EStG.

Das FG (FG München, Urteil v. 25.7.2017 – 2 K 310/16) entschied, dass Zinseinnahmen aus Gesellschafterdarlehen, die die Gesellschafter einer Personengesellschaft als Sondervergütungen bezogen haben, nicht deshalb dem Teileinkünfteverfahren unterliegen, weil die Gesellschaft ihrerseits Dividenden aus ihrer Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft bezogen hat.

Die Klägerin (GmbH & Co. KG) legte Revision ein.

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück:

  • Bei den Sonderbetriebseinnahmen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 2. HS EStG) geht es um Vergütungen, die die Gesellschafter der Klägerin von dieser für die Hingabe von Darlehen erhalten haben. Dem Grunde nach handelt es sich allerdings um sonstige Kapitalerträge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, die wegen § 20 Abs. 8 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören. Dementsprechend unterfallen die streitigen Sondervergütungen nicht dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d Satz 1 EStG.
  • FA und FG haben allerdings nicht berücksichtigt, dass das Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG auf solche Zinszahlungen der Gesamthand nicht anzuwenden ist, die Sondervergütungen der Gesellschafter sind. Eine entsprechende Berücksichtigung ist jedoch im Streitfall nicht mehr möglich.
  • Die sog. „Bruttomethode“ ist für die Feststellung eine rechtlich zulässige Feststellungsart, es wird auf das BFH Urteil v. 25.7.2019 – IV R 47/16 verwiesen.
  • Über die Steuerfreistellung gem. § 3 Nr. 40 EStG und über das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG ist bereits im Feststellungsverfahren der Personengesellschaft und nicht erst in den Veranlagungsverfahren ihrer Gesellschafter zu entscheiden.
  • Ist Anteilseigner (und damit Ausschüttungsempfänger) eine Mitunternehmerschaft, ist zu berücksichtigen, dass die Mitunternehmerschaft zwar Einkünfteermittlungssubjekt ist, die Einkommensteuersubjekte aber die an ihr beteiligten Mitunternehmer sind.
  • Soll das Teileinkünfteverfahren dazu führen, dass (u. a.) Gewinnausschüttungen aus einer betrieblichen Beteiligung beim Mitunternehmer (anteilig) von der Steuer befreit sind und andererseits Ausgaben, die mit diesen beim Mitunternehmer (anteilig) freizustellenden Einnahmen im Zusammenhang stehen, nur anteilig zum Abzug zugelassen werden, ist zu berücksichtigen, dass Zinszahlungen der Gesellschaft an den Gesellschafter beim Gesellschafter als Sondervergütung erfasst werden. Bezogen auf die Mitunternehmerschaft und ihren Gesamtgewinn haben sich die Zinszahlungen also nicht aufwandswirksam ausgewirkt, so dass eine Doppelbegünstigung, die § 3c Abs. 2 EStG vermeiden will, bezogen auf die Gesamthand nicht eingetreten sein kann. Auch wenn es sich also auf der Ebene der Gesamthand um Betriebsausgaben handelt, sind die Voraussetzungen des § 3c Abs. 2 EStG bezogen auf den Zweck der Norm nicht erfüllt.
  • Durch diese auf den Gesamtgewinn bezogene Betrachtung des § 3c Abs. 2 EStG wird auch dem Regelungszweck des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG genügt. Diese Vorschrift zielt zum einen darauf ab, den Gewinn des Mitunternehmers demjenigen eines Einzelunternehmers anzunähern, der mit sich selbst keine schuldrechtlichen Verpflichtungen eingehen und deshalb auch den Gewinn seines Einzelgewerbes nicht um einen Unternehmerlohn, Zinsen für ein seinem Unternehmen gewährtes Darlehen oder ein Entgelt für ein seinem Unternehmen zur Nutzung überlassenes Wirtschaftsgut mindern kann.

Quelle: BFH, Urteil v. 6.2.2020 – IV R 5/18, NWB KAAAH-49087 (JT)

Verwandte Artikel:

  • Dorn/Först, Das Teileinkünfteverfahren als Teileinnahme- und Teilausgaben- verfahren, Beilage zu NWB 26/2019 S. 1, NWB BAAAH-19554

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