Hintergrund: Im Allgemeinen werden betriebliche Fahrzeuge auch zur Nutzung für private Zwecke zur Verfügung gestellt und auch tatsächlich privat genutzt (sog. Beweis des ersten Anscheins). Entkräftigt wird der Anschein nach gegenwärtiger Finanzgerichtsrechtsprechung, wenn demgegenüber ein weiteres Fahrzeug zur uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung steht. Dieses Fahrzeug muss in Status und Gebrauchswert vergleichbar mit dem betrieblichen Fahrzeug sein.
Sachverhalt: Der alleinige Kommanditist einer GmbH & Co. KG nutzte einen neu angeschafften Pkw (Kastenwagen) für betriebliche Zwecke, insbesondere für tägliche Fahrten zu den Betriebsstätten. Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt. Im Rahmen der Außenprüfung wurde das Fehlen der 1 % Regelung festgestellt. Ein im Privatvermögen des Kommanditisten befindliches Kfz (BJ 1997) erschütterte den Anscheinsbeweis für die Außenprüfung nicht, da das Fahrzeug weder in Bezug auf den Gebrauchswert noch im Hinblick auf den Status vergleichbar sei.
Dem widersprach das FG Niedersachsen und entschied zugunsten des Klägers:
- Der Begriff „Gebrauchswert“ ist als „Nutzwert“ zu verstehen und richtet sich insbesondere nach der Brauchbarkeit und ihrer Eignung für bestimmte Zwecke und Funktionen. Hier können Umstände wie Motorleistung, Hubraum, Höchstgeschwindigkeit und Ausstattung berücksichtigt werden.
- Den Begriff „Status“ definiert das FG dagegen vornehmlich als Prestigegesichtspunkte.
- Im Ergebnis kam das FG zu der Auffassung, dass der Mercedes mindestens in Gebrauchswert und Status vergleichbar mit dem betrieblichen Kastenwagen ist.
Hinweis: Die Problematik des Streitfalls dürfte über den Einzelfall hinaus von großer praktischer Bedeutung sein. Das beklagte Finanzamt hatte das FG in der mündlichen Verhandlung um eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Kriterien „Gebrauchswert" und „Status" im Urteil gebeten, da insoweit in der Praxis der Betriebsprüfungen eine große Unsicherheit hinsichtlich der Umsetzung der Vorgaben der Rechtsprechung zur Erschütterung des Anscheinsbeweises bestünde.
Quelle: FG Niedersachsen, Urteil v. 19.2.2020 - 9 K 104/19, NWB ZAAAH-48285 (JT)
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