Hintergrund: Grundlage der "Spartenrechnung" ist § 8 Abs. 9 KStG, dessen Satz 1 bis 3 gem. § 7 Satz 5 GewStG auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden sind. Nach § 8 Abs. 9 Satz 1 KStG sind bei Kapitalgesellschaften, bei denen § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG zur Anwendung kommt, die einzelnen Tätigkeiten der Gesellschaft nach verschiedenen Sparten zuzuordnen. Dabei sind Tätigkeiten, die als Dauerverlustgeschäfte Ausfluss einer Tätigkeit sind, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehören, jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen (Nr. 1), sind Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammenfassbar sind oder aus den übrigen, nicht in Nummer 1 bezeichneten Dauerverlustgeschäften stammen, jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen, wobei zusammenfassbare Tätigkeiten jeweils eine einheitliche Sparte bilden (Nr. 2), und sind alle übrigen Tätigkeiten einer einheitlichen Sparte zuzuordnen (Nr. 3).
Sachverhalt: Zwischen der Klägerin, einer GmbH, deren Alleingesellschafterin eine Stadt ist, und der A GmbH, an der die Klägerin etwa 95 % der Anteile hielt und deren Unternehmensgegenstand die Beförderung von Personen und Gegenständen mit Kraftfahrzeugen und Bahnen war, bestand seit 2001 ein Gewinnabführungsvertrag und eine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft. Zudem war die Klägerin neben weiteren Beteiligungen mit über 50 % an der im Bereich der Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wasser und Fernwärme tätigen B AG beteiligt. Darüber hinaus erzielte die Klägerin in den Jahren 2010 und 2011 (Streitjahre) unter anderem Erlöse aus der Vermietung von gepachteten und eigenen Immobilien.
Nach der Einführung der "Spartenrechnung" durch das JStG 2009 bildete die Klägerin zum Beginn des Jahres 2009 für die Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte die Sparte "Verkehr und Versorgung" (Sparte 1) sowie die Sparte "Immobilienwirtschaft" (Sparte 2). Der Sparte 1 waren aus Sicht der Klägerin neben weiteren Beteiligungen das ihr im Rahmen der Organschaft zugerechnete Einkommen der A GmbH sowie die von der B AG bezogenen Dividenden zuzuordnen. Mit Wirkung ab 1.1.2010 begründete die Klägerin durch den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags eine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft mit der B AG.
Im Anschluss an eine Außenprüfung ging die Finanzverwaltung davon aus, dass im Jahr 2009 neben der "Immobilienwirtschaft" (Sparte 2) als weitere Sparte nur die Sparte "Verkehr" (Sparte 1) bestanden habe. Die Begründung der Organschaft zwischen der Klägerin und der B AG im Jahr 2010 habe zur Bildung einer neuen, die Bereiche "Verkehr und Versorgung" umfassenden Sparte (Sparte 3) geführt, da die Tätigkeit der Organgesellschaft nicht gleichartig i. S. des § 8 Abs. 9 Satz 3 KStG mit einer bereits bestehenden Sparte der Organträgerin sei. Die Verlustvorträge aus der Sparte 1 seien einzufrieren und könnten erst dann aufleben, wenn wieder nur noch eine Sparte "Verkehr" bestehe. In der Folge erließ die Finanzbehörde entsprechende Änderungsbescheide für die Jahre 2009 bis 2011, gegen welche die Klägerin ohne Erfolg Einspruch einlegte. Der hiergegen gerichteten Klage gab das Finanzgericht (FG) überwiegend statt (FG Hessen, Urteil v. 6.4.2020 - 4 K 1112/18).
Die Revision des Finanzamts ist hinsichtlich der Bescheide zur gesonderten Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2011 in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG und zur gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2011 erfolgreich. Das Urteil des FG ist insoweit aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Richter des BFH führten u. a. weiter aus:
- § 8 Abs. 9 Satz 8 Halbsatz 2 KStG i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG bewirkt eine inhaltliche Bindung des Feststellungsbescheids i. S. des § 8 Abs. 9 Satz 8 Halbsatz 1 KStG an die Körperschaftsteuerfestsetzung des Veranlagungszeitraums und zwar insoweit, als im Körperschaftsteuerbescheid 2011 der Gesamtbetrag der Einkünfte für jede sich nach § 8 Abs. 9 Satz 1 und 3 Halbsatz 1 KStG ergebende Sparte getrennt ermittelt wird (§ 8 Abs. 9 Satz 2 KStG).
- Diese Bindungswirkung schließt die Zuordnung von Tätigkeiten zu einer Sparte nach § 8 Abs. 9 Satz 1 und 3 Halbsatz 1 KStG, die der nach § 8 Abs. 9 Satz 2 KStG getrennten Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte je Sparte zwingend vorausgeht, ein. Insoweit handelt es sich um Besteuerungsgrundlagen (§ 157 Abs. 2 AO), die der Körperschaftsteuerfestsetzung zugrunde liegen.
- Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 und 3 KStG zusammenfassbar sind, sind nicht zugleich „gleichartig“ i. S. des § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG und können nicht in der bereits vorhandenen Sparte gemeinsam fortgeführt werden.
Quelle:BFH, Urteil v. 14.3.2024 - V R 51/20, NWB Datenbank (sti)
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