Hintergrund: Der Steuer unterliegt als Schenkung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).
Sachverhalt: Die Klägerin schloss anlässlich ihrer Eheschließung mit ihrem früheren Ehemann einen notariell beurkundeten Ehevertrag, in dem u.a. der gesetzliche Versorgungsausgleich zugunsten einer Kapitalversicherung mit Rentenwahlrecht ausgeschlossen und der nacheheliche Unterhalt begrenzt wurde. Es wurde der Güterstand der Gütertrennung vereinbart. Der Klägerin wurde ein indexierter Zahlungsanspruch "im Falle der Scheidung" eingeräumt. Dieser Zahlungsanspruch sollte bei einem Bestand der Ehe von 15 vollen Jahren eine bestimmte Höhe betragen; bei der Ehescheidung vor Ablauf dieser Frist sollte sich der Betrag "pro rata temporis" vermindern. Die im Jahr 1998 geschlossene Ehe wurde im Jahr 2014 geschieden. Der Ehemann zahlte den vereinbarten Betrag an die Klägerin.
Das FA erließ einen Schenkungsteuerbescheid für die Zuwendung, der neben Vorschenkungen auch diese Zahlung als freigebige Geldzuwendung erfasste. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA als unbegründet zurück.
Das FG wies die Klage ab (FG München, Urteil v. 2.5.2018 - 4 K 3181/16).
Der BFH hat die Revision als begründet angesehen und das FG-Urteil aufgehoben:
- Die Leistung des Ehemanns an die Klägerin ist nicht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbar; die Vorerwerbe übersteigen nicht den Freibetrag für Ehegatten.
- Die Zahlung einer "Pauschalabfindung" unter Preisgabe eines (möglicherweise) künftig entstehenden Zugewinnausgleichanspruchs vor Eingehung der Ehe erfüllt als freigebige Zuwendung den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Denn diese Zahlung wird weder zur Befriedigung eines (außervertraglichen) Forderungsrechts des Preisgebenden noch als Gegenleistung für einen Verzicht getätigt.
- Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die zukünftigen Eheleute die Rechtsfolgen ihrer Eheschließung - abweichend von den gesetzlichen Leitbildern - umfassend individuell regeln und für den Fall der Beendigung der Ehe - z. B. durch Scheidung - Zahlungen eines Ehepartners an den anderen in einer bestimmten Höhe vorsehen, die erst zu diesem Zeitpunkt zu leisten sind ("Bedarfsabfindung").
- In dem Fall einer Bedarfsabfindung wird keine pauschale Abfindung ohne Gegenleistung erbracht. Es werden lediglich Rechte und Pflichten der künftigen Ehegatten durch umfangreiche Modifikation denkbarer gesetzlicher familienrechtlicher Ansprüche im Falle der Scheidung im Wege einer Pauschalierung neu austariert.
- Auf eine solche Vereinbarung ist auch § 7 Abs. 3 ErbStG nicht anwendbar.
- Die Zahlung des Ehemanns erfüllt nicht den objektiven Tatbestand einer freigebigen Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Denn dieser hat sich nicht zu einer sofortigen Pauschalabfindung ohne Gegenleistung verpflichtet. Nach der getroffenen Vereinbarung sollte die Klägerin erst im Fall einer Scheidung eine Zahlung zur Abgeltung verschiedener ggf. gesetzlich möglicher familienrechtlicher Ansprüche erhalten. Diese wurden lediglich dem Umfang nach durch die vorherige Vereinbarung modifiziert.
- Der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG scheitert zudem auch am fehlenden subjektiven Willen zur Freigebigkeit. Der Ehemann hat nicht in dem Bewusstsein einer (objektiven) Unentgeltlichkeit seiner Zuwendung gehandelt.
Quelle: BFH, Urteil v. 1.9.2021 - II R 40/19; NWB Datenbank (RD)
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