Bonjour ihr Lieben!
Mit großen Schritten schreiten wir dem Ende des Jahres 2020 entgegen. Normalerweise werde ich zu dieser Jahreszeit ab und zu ein wenig melancholisch und denke über die vergangenen elf Monate nach, die schon wieder hinter uns liegen. In diesem Jahr jedoch bin ich heilfroh, dass es bald vorbei ist!
Für mich persönlich und alle, die mit mir im Oktober das Examen abgelegt haben, war es natürlich in erster Linie ein sehr anstrengendes Jahr. Für die ganze Welt war es noch dazu ein absolut surreales und chaotisches Jahr mit Herausforderungen und Situationen, denen sich von uns in dieser Form noch niemand gegenübergesehen hat. Wie sehr hatte ich mich darauf gefreut, im November und Dezember alles Mögliche zu unternehmen, ausgelassen zu feiern und endlich wieder Zeit mit Freunden und Familie zu verbringen.
Jetzt kam alles ganz anders und die drei Säulen, auf denen die Gesellschaft in der andauernden (vorweihnachtlichen) Coronakrise und dem zweiten Lockdown gebaut ist, dominieren aktuell auch meine Freizeitgestaltung: Spazieren gehen, FaceTime und Plätzchen backen. Ich versuche meine Motivation Sport zu treiben angesichts der geschlossenen Gyms nicht ganz zu verlieren, hege jedoch eine wachsende Abneigung gegen die berühmten „Homeworkouts“. Mein heißgeliebtes Joggen ist momentan auch eher schwierig, da es um ca. 16 Uhr dunkel wird und ich um diese Uhrzeit in der Regel noch keinen Feierabend habe. Man hört es schon in meinem Unterton: Ich bin genervt – so wie wir alle. Im Gegensatz zur ersten Runde des Lockdowns, geht mir die zweite allmählich an die Substanz und ich habe das Gefühl, dass wir alle eine kollektive saisonale Depression gemeinsam durchleben. Während der Freistellung habe ich von all dem überhaupt nichts mitbekommen, weil ich sowieso in meinem Kämmerlein eingeschlossen war und nur gelernt habe - zudem war es Sommer und abends noch so herrlich lange hell. Da ist es schon fast ironisch, dass parallel zum Beginn des „Lockdowns Light“ die Vorbereitung auf die mündliche Prüfung begonnen hat. Fast so, als wollte Covid, dass ich gar nicht anders kann als mich ans Lernen zu machen.
Schweren Mutes und mit sehr dürftiger Motivation wie ich zugeben muss, habe ich mich nun den Onlinevorlesungen und dem neuen Lernstoff gewidmet. Der Vorbereitungskurs auf die mündliche Prüfung bei Endriss besteht aus 8 Vorlesungstagen und beinhaltet neben aktuellen Themen in den Fächern, die wir bereits aus der schriftlichen Prüfung kennen, auch neue Bereiche wie BWL/VWL, Berufsrecht und Zivilrecht. Ich persönlich finde das sehr erfrischend und kenne das ein oder andere Thema auch bereits aus Bachelor- und Masterstudium.
Da bekanntlich der Kurzvortrag in der Prüfung die eigene „Eintritts- und Visitenkarte“ darstellt und der Prüfungskommission den unwiderruflichen ersten Eindruck vermittelt, werde ich im Zuge meiner Vorbereitung den Schwerpunkt darauf legen. Meine Kollegen und ich treffen uns (virtuell) zwei Mal die Woche, geben uns gegenseitig Themen vor und präsentieren dann vor laufender Kamera unsere Vorträge. So wiederholen wir den Stoff ohne stupides Skriptelesen und gewinnen Übung im Vorbereiten/Strukturieren des Vortrags sowie im Präsentieren. Je nachdem wann genau mein Prüfungstermin sein würde (meist erhält man diesen zusammen mit seinen Ergebnissen der schriftlichen Prüfung), würde ich kurz vorher nochmal ca. zwei Wochen Urlaub nehmen. Die Betonung liegt auf „würde“, denn wie ich euch schon angekündigt habe, bezweifle ich stark, dass ich durchgekommen bin. Wie ihr euch vorstellen könnt, ist es schwer trotz dieser Überzeugung trotzdem anzufangen zu Lernen. Man muss sich – und das ist meine Empfehlung an alle, die diesen Blog vor dem Hintergrund lesen, das Examen ebenfalls ablegen zu wollen – irgendwie dazu aufraffen, trotz alledem schon im November mit der Vorbereitung zu beginnen. Denn sollte ein Weihnachtswunder geschehen und man doch mit einer 4,5 durchrutschen, hat man wenigstens gute Chancen, sich in der mündlichen Prüfung zu beweisen und „das Ruder rumzureißen“. In drei Wochen bekommen wir hier in Hessen voraussichtlich die Ergebnisse – in meinem nächsten Beitrag werde ich euch also einweihen, ob ich nochmal Gas geben muss oder mich bis nächstes Jahr entspannen kann.
Was momentan tatsächlich sehr viel Spaß macht und mich bei Laune hält, ist meine Arbeit. Die fachliche Basis, die die Steuerberaterprüfung gelegt hat, macht für mich in meiner operativen Tätigkeit einen himmelweiten Unterschied zu vor dem Examen, da das grundsätzliche Verständnis für die Fälle und die entsprechenden Lösungsansätze ein ganz anderes ist. Ich bin als völliger Quereinsteiger zum Steuerrecht gekommen und hatte bis vor zwei Jahren überhaupt keinen Plan davon. Somit ist zumindest das recht erfüllend, auch wenn der sonstige Alltag etwas schnöde ist.
Vielleicht können wir aber von der aktuellen Situation auch etwas lernen. Wir sind gezwungen, uns mehr mit uns selbst zu beschäftigen, mehr allein bzw. nur im kleinsten Kreis unserer Familie zu sein. Wir können uns nicht ständig ablenken und kommen von dem gesellschaftlichen Trend immer mehr zu machen, kaufen und sein etwas herunter. Natürlich ist das zuallererst ungewohnt und unangenehm. Aber vielleicht können wir diese Zeit einmal nutzen, um zur Ruhe zu kommen, ein bisschen in uns zu gehen und uns, wie es zur Weihnachtszeit gerne gesagt wird, zu besinnen. Wir sind es überhaupt nicht mehr gewohnt am Wochenende einfach mal alleine, ohne Pläne und die berühmten To Dos auf der Couch zu sitzen. Vielleicht können wir so auch diesem zweiten Lockdown etwas Positives abgewinnen: Durch mehr Auseinandersetzung mit uns selbst, wenn auch unfreiwillig.
Mit diesen gar nicht steuerfachlichen Worten beende ich heute meinen Beitrag und wünsche allen einen schönen Advent und eine - mehr als sonst - besinnliche Adventszeit.
Viele Grüße und denkt um Himmels Willen an den Abstand, Händewaschen und Mundschutz – ich brauche Sommerurlaub und unsere Krankenhäuser Entlastung! ;-)
Theresa