Umsatzsteuer | EuGH-Vorlage zur Organschaft (BFH)

Der BFH hat dem EuGH mehrere Fragen zur umsatzsteuerlichen Organschaft vorgelegt (BFH, Beschluss v. 11.12.2019 - XI R 16/18; veröffentlicht am 26.3.2020).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob im Streitjahr 2005 eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen der A als Organträgerin und der Klägerin (eine GmbH) als Organgesellschaft vorliegt. Gegenstand der Klägerin ist nach § 2 des Gesellschaftsvertrags u.a. die Führung der Geschäfte der A und der C e.V.. Gesellschafter der Klägerin sind die A zu 51 % und die C e.V. zu 49 %. Alleiniger Geschäftsführer der Klägerin war im Streitjahr E, der zugleich alleiniger Geschäftsführer der A und geschäftsführender Vorstand der C e.V. war. Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung nahm der Prüfer an, dass es für die Annahme einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen der Klägerin und der A als Organträgerin an einer finanziellen Eingliederung der Klägerin fehle. Die A sei zwar mit 51 % mehrheitlich am Gesellschaftskapital der Klägerin beteiligt, besitze aber aufgrund einer Regelungen in § 7 des Gesellschaftsvertrags keine Stimmrechtsmehrheit und sei damit nicht in der Lage, Beschlüsse bei der Klägerin durchzusetzen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil v. 6.2.2018 - 4 K 35/17; s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 22.5.2018, NWB KAAAG-84176).

Auf die Revision des FA legt der BFH dem EuGH die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vor:

  • Sind Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 i.V.m. Art. 21 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG dahingehend auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat gestatten, anstelle der Mehrwertsteuergruppe (des Organkreises) ein Mitglied der Mehrwertsteuergruppe (den Organträger) zum Steuerpflichtigen zu bestimmen?
  • Falls die Frage 1 verneint wird: Sind Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 i.V.m. Art. 21 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG insoweit berufbar?
  • Ist bei der nach Rz 46 des EuGH-Urteils v. 16.7.2015 - C-108/14 und C-109/14, Larentia + Minerva, BStBl 2017 II S. 604, Rz 44 f. vorzunehmenden Prüfung, ob das in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG enthaltene Erfordernis der finanziellen Eingliederung eine zulässige Maßnahme darstellt, die für die Erreichung der Ziele der Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung erforderlich und geeignet ist, ein strenger oder ein großzügiger Maßstab anzulegen?
  • Sind Art. 4 Abs. 1, Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG dahingehend auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat gestatten, im Wege der Typisierung eine Person als nicht selbständig i.S. des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG anzusehen, wenn sie in der Weise finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines anderen Unternehmers (Organträgers) eingegliedert ist, dass der Organträger seinen Willen bei der Person durchsetzen und dadurch eine abweichende Willensbildung bei der Person verhindern kann?

Quelle: BFH, Beschluss v. 11.12.2019 - XI R 16/18; NWB TAAAH-45293 (il)

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