Umsatzsteuer | Kein ermäßigter Steuersatz für Milchersatzprodukte pflanzlichen Ursprungs (FG)

„Milchersatzprodukte” pflanzlichen Ursprungs (im Streitfall aus Soja, Reis oder Hafer hergestellte Getränke bzw. vegane Milchalternativen) sind keine Milch oder Milchmischgetränke im Sinne von Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 UStG und unterliegen daher dem Regelsteuersatz (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 14.3.2024 - 1 K 232/24).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob die Lieferung von sog. Milchersatzprodukten dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 4, 31, 33, 35 der Anlage 2 unterliegt. Das FA hatte eine ermäßigte Besteuerung abgelehnt.
Die Richter des FG Baden-Württemberg machten sich die Argumentation des FA zu eigen und lehnten ebenfalls eine ermäßigte Besteuerung der Milchersatzprodukte ab:

  • "Milchersatzprodukte" pflanzlichen Ursprungs sind keine Milch oder Milchmischgetränke i.S. von Nr. 4 oder 35 der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 (dazu auch ausführlich BFH, Urteil v. 9.2.2006 - V R 49/04, BStBl II 2006, 694, m.w.N.).
     
  • Der Begriff "Milchmischgetränk" (Nr. 35 der Anlage zum UStG ) ist umsatzsteuerrechtlich auszulegen, weil er der KN fremd ist, während die Begriffe "Milch" und "Erzeugnisse", die in Kap. 4 und in Pos. 2202 KN verwendet werden, deshalb zolltariflich auszulegen sind.
     
  • Vegane Milchalternativen fallen nicht unter eine der obenstehenden Kategorien und unterliegen deshalb nicht der ermäßigten Besteuerung. Denn Waren pflanzlichen Ursprungs sind keine Milch.
     
  • Nach der insoweit maßgeblichen zolltariflichen Auslegung ist Milch i.S. der Nr. 4 der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG i.V.m. Kap. 4 Kombinierte Nomenklatur das "Gemelk" eines oder mehrerer Tiere (vgl. EuGH, Urteil v. 25.5.1989 - 40/88, Slg. 1989, I-1395, HFR 1990, 461, s. auch Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a der VO Nr. 2587/97 des Rates vom 18. Dezember 1997 zur Festlegung ergänzender Vorschriften für die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse hinsichtlich Konsummilch, ABIEG Nr. L 351, 13).
     
  • Dies wird durch die Überschrift des Abschn. I der KN bestätigt, die als Hinweis für die Einreihung heranzuziehen ist: Danach handelt es sich bei den Waren des Abschn. I, zu dem Kap. 4 gehört, um Waren tierischen Ursprungs (vgl. auch BMF-Schreiben v. 5.8.2004, BStBI I 2004, 638, 645).
     
  • Die vertriebenen Getränke sind auch keine begünstigten Milchmischgetränke i. S. der Nr. 35 der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG. Die aus Soja, Reis oder Hafer hergestellten Getränke bzw. vegane Milchalternativen, gehören nicht zu den begünstigten Gegenständen, weil sie keinen Anteil an Milch oder Milcherzeugnissen von mindestens 75 % des Fertigerzeugnisses enthalten.
     
  • Sie werden aus pflanzlichen Ressourcen hergestellt und sind keine Milcherzeugnisse tierischen Ursprungs. Sie sind deshalb in Unterpos. 2202 90 10 KN einzureihen.
     
  • Darüber hinaus sind Milchmischgetränke und Milchersatzprodukte nach der KN nicht gleichartig, weil sie in unterschiedliche Unterpositionen einzureihen sind. Nach diesen Maßstäben gebietet der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer nicht, vegane Milchalternativen umsatzsteuerrechtlich wie Milchmischgetränke zu behandeln.
     
  • Aus der zolltariflichen Einordnung folgt zwingend die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung, dass Milchersatzprodukte nicht nach Nr. 35 der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.


Hinweis:
Ergänzend zu den Ausführungen des FA wiesen die Richter zur Anwendung der Nr. 35 der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 darauf hin, dass allenfalls der Gesetzgeber eine ausdrückliche Ausnahme in die betreffenden Bestimmungen der Anlage einfügen könnte (vgl. BFH, Urteil v. 9.2.2006 - V R 49/04, BStBl II 2006, 694, unter II.5.d, Rn. 40, m.w.N.)

Quelle:FG Baden-Württemberg, Urteil v. 14.3.2024 - 1 K 232/24 (il)


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