Umsatzsteuer | Stellplatz- und Wohnungsvermietung nicht zwingend einheitliche Leistung (FG)

Die Auffassung, dass es sich bei der Vermietung von StellplĂ€tzen stets um eine unselbstĂ€ndige Nebenleistung zur steuerfreien Wohnungsvermietung als Hauptleistung handelt, wenn Wohnung bzw. Stellplatz von ein und demselben Vermieter an jeweils ein und denselben Mieter vermietet werden, findet keine hinreichende Grundlage in der EuGH-Rechtsprechung (ThĂŒringer FG, Urteil v. 27.06.2019 - 3 K 246/19; Revision anhĂ€ngig, BFH-Az. V R 41/19).

Sachverhalt: Streitig ist, ob die Vermietung von TiefgaragenstellplĂ€tzen an Wohnungsmieter umsatzsteuerpflichtig ist oder ob sie als untrennbare Nebenleistung das steuerliche Schicksal der umsatzsteuerfreien Wohnungsvermietung teilt. Im Streitfall hatte das FA VorsteuerbetrĂ€ge, die auf an Wohnungsmieter ĂŒberlassenen StellplĂ€tze entfielen, nach § 15a UStG berichtigt. Zu der Berichtigung kam es, da der KlĂ€ger den GebĂ€udekomplex zunĂ€chst als Hotel nutzen wollte und dementsprechend den Vorsteuerabzug aus der Errichtung des GebĂ€udes nebst Tiefgarage vornahm. SpĂ€ter Ă€nderte er seine Ansicht und vermietete Teile der Anlage dauerhaft zu Wohnzwecken.

Der KlĂ€ger wendet sich gegen die Vorsteuerberichtigung und vertritt gestĂŒtzt auf das EuGH-Urteil v. 16.4.2015 - C-42/14 "Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie" (s. hierzu Walkenhorst, USt direkt digital 9/2015 S. 9 (NWB DokID: ZAAAE-89971)) die Auffassung, die Vermietung eines Tiefgaragenstellplatzes sei fĂŒr einen Wohnungsmieter nicht derart elementar, dass eine Nutzung der Wohnung nicht auch ohne die Nutzung eines Tiefgaragenstellplatzes möglich wĂ€re. So hĂ€tten die MietvertrĂ€ge ĂŒber die Wohnungen bzw. ĂŒber die StellplĂ€tze auch unterschiedliche KĂŒndigungsfristen. Es gebe sowohl Mieter, welche keine TiefgaragenstellplĂ€tze hĂ€tten, also die Wohnung ohne Tiefgaragenstellplatz nutzten, als auch Stellplatzmieter, welche keine Wohnung mieteten.

Die Richter des ThĂŒringer FG gaben der Klage statt:

  • Die Auffassung, dass es sich bei der Vermietung von StellplĂ€tzen stets um eine unselbstĂ€ndige Nebenleistung zur steuerfreien Wohnungsvermietung als Hauptleistung handele, wenn Wohnung bzw. Stellplatz von ein und demselben Vermieter an jeweils ein und denselben Mieter vermietet werden, findet keine hinreichende Grundlage in der EuGH-Rechtsprechung.
  • Vorliegend gab es keinen engen rĂ€umlichen Zusammenhang zwischen der umsatzsteuerfreien Vermietung der Wohnungen und der steuerpflichtigen Vermietung der StellplĂ€tze, da vorliegend der Zugang zu den ParkplĂ€tzen auch ohne Betreten des Wohnhauses möglich war.
  • Auch gab es keinen zwingenden wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Wohnungsvermietung einerseits und der Vermietung der StellplĂ€tze andererseits.
  • Aus der Sicht eines LeistungsempfĂ€ngers erfolgte die Überlassung der Wohnungen unabhĂ€ngig davon, ob fĂŒr den Nutzer ein ausreichender Parkraum in unmittelbarer NĂ€he zur Wohnung vorhanden ist.
  • Andererseits sind ParkflĂ€chen im Innenstadtbereich hĂ€ufig knapp bemessen und deshalb bezĂŒglich einer Anmietung fĂŒr einen durchschnittlichen LeistungsempfĂ€nger auch dann interessant, wenn damit nicht die Anmietung einer Wohnung verbunden ist.
  • Der Senat ist deshalb der Auffassung, dass es fĂŒr die Vermietung von Wohnungen und fĂŒr die Vermietung von StellflĂ€chen jeweils einen eigenstĂ€ndigen Markt gibt und deshalb deren Anmietung nicht als einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang angesehen werden kann.
  • Vorliegend gab es sowohl Mieter des KlĂ€gers, welche keine TiefgaragenstellplĂ€tze hatten, also die Wohnung ohne Tiefgaragenstellplatz nutzten, als auch Stellplatzmieter, welche keine Wohnung mieteten. Im Laufe der Zeit hat sich die Zahl der externen Stellplatzmieter sogar eher erhöht. Auch hat der KlĂ€ger gesonderte StellplĂ€tze ohne eine entsprechende Wohnungsvermietung in Annoncen erfolgreich angeboten.
  • ZusĂ€tzlich ist zu bedenken, dass es dem KlĂ€ger möglich gewesen wĂ€re, auch die in Rede stehenden im Streitjahr an Wohnungsmieter vermieteten TiefgaragenplĂ€tze, möglicherweise sogar lukrativer, von vornherein an fremde Dritte zu vermieten.
  • Es gab daher weder rechtliche noch faktische ZwĂ€nge, die Vermietung der StellplĂ€tze an die Mieter der Wohnungen vorzunehmen.

Hinweis: Die Revision gegen das Urteil ist beim BFH unter dem Az. V R 41/19 anhÀngig.

Hauptbezug:ThĂŒringer FG Urteil v. 27.06.2019 - 3 K 246/19 (NWB DokID: FAAAH-41219) (il)

Verwandte Artikel:

  • Koss, Steuerliche Fragestellungen der ParkraumĂŒberlassung an Kunden, NWB 42/2019, S. 3090; NWB DokID: TAAAH-31837
  • Grambeck, Einheitlicher Steuersatz fĂŒr einheitliche Leistungen, NWB 21/2018, S. 1514; NWB DokID: FAAAG-83573

Diese Seminare könnten Sie interessieren:

Am ermĂ€ĂŸigten Steuersatz arbeitet die Bundesregierung bereits und eine Mehrwertsteuer-Reform bahnt sich an. Die E-MobilitĂ€t nimmt stark an Bedeutung zu und betrifft zukĂŒnftig den Großteil der Unternehmen in Deutschland. Übernehmen zukĂŒnftig Roboter die Aufgaben in der Buchhaltung und im Controlling?

Diese Themen wecken Ihr Interesse? Dann bestellen Sie kostenlos unser neues Kundenmagazin. Lesen Sie spannende Artikel und Interviews zu interessanten Fachthemen und informieren Sie sich jetzt ĂŒber unser neues Seminarangebot.
Jetzt gratis bestellen!

ZurĂŒck
Kontakt