Sachverhalt: Die KlĂ€gerin ist ein Entsorgungsfachbetrieb. Sie nahm ihren Kunden verunreinigte Chemikalien zum Zwecke der Entsorgung nach dem in Anlage 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes aufgefĂŒhrten Verwertungsverfahren ab. Die Chemikalien bereitete sie im Rahmen eines chemischen Prozesses dergestalt auf, dass sie die Verunreinigungen herauslöste und diese entsorgte. Die gereinigten Chemikalien verĂ€uĂerte die KlĂ€gerin als "Regenerat", falls sie in marktgĂ€ngiger QualitĂ€t aufbereitet werden konnten.
Nach Auffassung des Finanzamts stellte die Entsorgung der verunreinigten Chemikalien einen tauschĂ€hnlichen Umsatz dar. Die KlĂ€gerin erhalte fĂŒr ihre Entsorgungsleistung neben dem vereinbarten Entsorgungspreis als Gegenleistung eine Lieferung. Liefergegenstand seien die verunreinigten Chemikalien, die die KlĂ€gerin von ihren Kunden erhalte. Daher erhöhe der Wert der verunreinigten Chemikalien die Bemessungsgrundlage fĂŒr die von der KlĂ€gerin erbrachten Entsorgungsleistung.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Nach Auffassung der Richter erhöhe der Wert der verunreinigten Chemikalien zum Zeitpunkt der Ăbernahme im Rahmen tauschĂ€hnlicher UmsĂ€tze mit Baraufgabe die Bemessungsgrundlage fĂŒr die Entsorgungsleistungen der KlĂ€gerin (FG MĂŒnchen, Urteil v. 27.4.2022 - 3 K 843/19).
Dem folgten die Richter des BFH nicht, hoben das Urteil auf und gaben der Klage auf Herabsetzung der Umsatzsteuerfestsetzung statt:
- Ăbernimmt ein Unternehmer gefĂ€hrlichen Abfall zum ausschlieĂlichen Zweck der gesetzlich angeordneten Entsorgung nach einem in Anlage 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes genannten Verwertungsverfahren zur RĂŒckgewinnung/Regenerierung von AbfĂ€llen, liegt lediglich eine vom Unternehmer erbrachte Entsorgungsdienstleistung vor.
- Die Annahme eines tauschÀhnlichen Umsatzes kommt mangels Lieferung des gefÀhrlichen Abfalls an den Unternehmer nicht in Betracht.
- Eine Lieferung sollte mit der Ăbergabe der gefĂ€hrlichen AbfĂ€lle nach dem zwischen der KlĂ€gerin und ihren Kunden zugrunde liegenden RechtsverhĂ€ltnis gerade nicht erfolgen. Die Ăbergabe der verunreinigten Chemikalien geschah ausschlieĂlich zum Zweck der Entsorgung nach dem Verwertungsverfahren entsprechend der Anlage 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes.
- Das der Leistungserbringung zugrunde liegende RechtsverhĂ€ltnis zwischen dem Leistenden und dem LeistungsempfĂ€nger war ausschlieĂlich auf die Erbringung einer Entsorgungsleistung, nicht aber auch auf eine Lieferung an die KlĂ€gerin gerichtet.
- Hierbei stellte die Ăbergabe der verunreinigten Chemikalien lediglich eine untergeordnete Handlung zum Erhalt der Entsorgungsleistung dar, da sie notwendig war, um die Entsorgungsleistung durchfĂŒhren zu können.
- Hieran Ă€ndert sich auch nichts dadurch, dass der Unternehmer einen möglichen Verkaufspreis von Stoffen, die er durch die spĂ€tere Verwertung des gefĂ€hrlichen Abfalls gewinnen und wieder verkaufen kann, kalkulatorisch als Preisnachlass zugunsten der Kunden berĂŒcksichtigt.
Quelle:BFH, Urteil v. 18.4.2024 - V R 7/22; NWB Datenbank (il)
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