Umsatzsteuer | Vorsteuerabzug aus Mietereinbauten in Arztpraxis (BFH)

Ein Mieter, der in angemieteten Räumlichkeiten Ein- und Umbauten ("Mietereinbauten") im eigenen Namen vornehmen lässt, kann die ihm hierfür von Bauhandwerkern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer im Falle einer entgeltlichen Weiterlieferung an den Vermieter als Vorsteuer abziehen. Eine Weiterlieferung liegt jedenfalls dann vor, wenn er dem Vermieter nicht nur das zivilrechtliche Eigentum überträgt, sondern auch einen unmittelbar von diesem tatsächlich genutzten wirtschaftlichen Vorteil zuwendet (BFH, Urteil v. 13.11.2019 - V R 5/18; veröffentlicht am 9.1.2020).

Sachverhalt: Klägerin ist eine augenärztliche Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer GbR. Die Klägerin mietete von der CV GmbH Räumlichkeiten für die Dauer von 15 Jahren an. Die Vermietung erfolgt "ausschließlich zum Betrieb einer augenärztlichen Tagesklinik".

Zum Aus- und Umbau der Räumlichkeiten gewährte der Vermieter einen Baukostenzuschuss in Höhe von 500.000 € zzgl. Umsatzsteuer. Die Parteien waren sich einig, dass der Mieter (Klägerin) die bezuschussten Ausbaumaßnahmen im Falle seines Auszuges im Mietgegenstand belässt und nicht wieder rückgängig machen muss. Sollte das Mietverhältnis aus einem vom Mieter zu vertretenden Grund vor Ablauf der regulären Mietzeit (15 Jahre) beendet werden, ist der Zuschuss anteilig zurückzuzahlen.

Die Baumaßnahmen umfassten u.a. Trockenbau- und Elektroarbeiten, nicht dagegen die Anschaffung von Untersuchungsgeräten und Behandlungsstühlen. Gleichzeitig rechnete die Klägerin gegenüber der CV GmbH über einen "Nettobetrag" von 500.000 € sowie separat ausgewiesener "MwSt" von 95.000 € ab. Die Umbaumaßnahmen sowie die Zahlungen an die Klägerin erfolgten noch in 2012.

Die von den Praxenbauern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer machte die Klägerin als Vorsteuer geltend. Im Übrigen erzielte die Klägerin ausschließlich steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG. Das FA qualifizierte den An- und Verkauf der Mietereinbauten als Hilfsgeschäft und verwehrte den Vorsteuerabzug. Einspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos (Sächsisches FG, Urteil v. 18.7.2017 - 5 K 880/15).

Der BFH hob das Urteil des FG auf:

  • Ein Mieter, der Ausbauten, Umbauten und Einbauten auf eigene Kosten vornimmt oder auf dem gemieteten Grundstück ein Gebäude errichtet (z.B. BFH, Urteil v. 15.9.1983 - V R 154/75), führt grundsätzlich eine Werklieferung gemäß § 3 Abs. 4 UStG aus (z.B. BFH, Urteil v. 22.8.2013 - V R 37/10 Rz 37). Das gilt jedenfalls dann, wenn er dem Vermieter nicht nur das zivilrechtliche Eigentum überträgt, sondern auch einen unmittelbar vom Vermieter tatsächlich genutzten wirtschaftlichen Vorteil zuwendet (BFH, Urteil in BFH/NV 2017, 768, Leitsatz).
  • Nach diesen Grundsätzen ist die Klägerin zum Vorsteuerabzug berechtigt. Sie hat mit der Weitergabe der Mietereinbauten eine steuerbare und - weil sie nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei ist (BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 634) - eine steuerpflichtige Werklieferung an die CV GmbH gegen Entgelt erbracht.
  • Denn die Einbauten sind zum wesentlichen Bestandteil des Gebäudes geworden und damit in das Eigentum der CV GmbH als Vermieterin übergegangen (§§ 946, 94 Abs. 2 BGB).
  • Hierfür spricht auch, dass die Klägerin nicht zur Wegnahme der Einbauten berechtigt ist und auch keine Entschädigung verlangen kann.
  • Im Streitfall kann offenbleiben, ob es sich bei der Weiterleitung der Mietereinbauten um ein Hilfs- oder Nebengeschäft handelt, da die Ein- und Umbauten im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin stehen und somit in den Rahmen ihres Unternehmens fallen.
  • Dies ist zu bejahen, weil der für den Vorsteuerabzug erforderliche direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen einem einzelnen Ausgangsumsatz (Weiterlieferung der Einbauten an die Vermieterin) und den Eingangsumsätzen (Lieferung der Einbauten durch die Praxenbauer) vorliegt.
  • Die Verwendung der Einbauten für die augenärztliche Tätigkeit begründet hingegen nur einen mittelbaren Zusammenhang zu der steuerfreien Tätigkeit, welcher für den Vorsteuerabzug unerheblich ist.
  • Daher liegt keine Verwendung der Mieteinbauten für steuerfreie Heilbehandlungsleistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG vor, sondern für die steuerpflichtige Werklieferung an die CV GmbH. Folglich führt § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht zu einem Vorsteuerausschluss (kein Fall von § 4 Nr. 28 UStG).
  • Im Ergebnis hat die Klägerin einen Anspruch auf Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Praxenbauer und sie schuldet die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer nicht nach § 14c Abs. 2 UStG.

Hauptbezug: BFH, Urteil v. 13.11.2019 - V R 5/18; NWB Datenbank (ImA)

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