Vom Controller zum Data Scientist

    Der digitale Wandel in der Wirtschaft und der Gesellschaft Die Digitalisierung verändert unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft auf dramatische Weise. Die Digitalisierung berührt alle Facetten eines Unternehmens. Märkte und Kundenanforderungen verändern sich, Geschäftsmodelle wandeln sich, die Prozesse werden vernetzt, die Organisation wird flacher und agiler und die Anforderungen an die Kompetenzen der Mitarbeiter verändern sich.

    Die Neugestaltung von Geschäftsmodellen

    Die bisherigen Geschäftsmodelle waren primär produktbasiert, das reicht aber heute nicht mehr aus.  Mit dem Produkt allein kann man sich nicht mehr langfristig differenzieren, Produktinnovationen können schnell kopiert werden.

    Das produktbasierte Geschäftsmodell wird erweitert durch den Lösungsanbieter, der Lösungsanbieter wird erweitert durch das Betreibermodell und dieses durch die Kunden Co Creation noch attraktiver gestaltet. Dadurch ergeben sich auch neue Anforderungen an das Controlling und das Datenmanagement, neben internen Daten werden externe Daten immer wichtiger und die Aktualität der Daten und die Relevanz der Daten für die Entscheidungsprozesse wird immer wichtiger.

    Diesen Forderungen muss das Controlling gerecht werden. Das klassische Arbeiten mit Excel Tabellen wird durch Big Data verdrängt. Wer heute erfolgreich ist, schafft Vorsprünge durch ein aktives zukunftsorientiertes Datenmanagement.

    Vom Controller zum Data Scientist

    Vor ungefähr 40 Jahren wurde der Begriff Data Scientist erstmals schriftlich festgehalten. Damals wurde er als eine alternative Bezeichnung für den Beruf des Informatikers eingesetzt. Jahre später beanspruchten die Statistiker die Bezeichnung des Data Scientist für sich. Heute ist der Begriff Data Scientist verwässert und es wird häufig von einem Data Scientist im Zusammenhang mit Unklarheiten bei Business Intelligence gesprochen. Der Begriff Data Scientist wird zudem auch als eine Überschneidung von Aufgaben aus verschiedenen Berufsfeldern wie beispielsweise des Statistikers oder des Softwareentwicklers verstanden (Horváth & Aschenbrücker, 2014, S. 50).

    Durch die Digitalisierung können einige Aufgaben im Controlling automatisiert und vereinfacht werden. Die daraus entstehenden freien Kapazitäten können zu komplexeren Analysen und Aufgabenerweiterungen genutzt werden. Das fĂĽhrte dazu, dass im Controlling zuerst das Rollenbild des Business Partners entstanden ist. Zusätzlich zur FĂĽhrungsunterstĂĽtzung durch den Controller als Business Partner wird nun auch das Rollenbild des Data Scientist immer wichtiger, welcher sich durch sein methodisches Spezialwissen auszeichnet (Keimer, Zorn, Gisler und Fallegger, 2017, S. 831).

    Business Intelligence

    Business Intelligence (BI) ist ein technologiegetriebener Prozess zur Analyse von Daten und zur Präsentation verwertbarer Informationen, der Führungskräften, Managern und anderen Endanwendern hilft, fundierte Geschäftsentscheidungen zu treffen.

    BI umfasst eine Vielzahl von Tools, Anwendungen und Methoden, die es Unternehmen ermöglichen, Daten aus internen Systemen und externen Quellen zu sammeln, sie für die Analyse vorzubereiten, Abfragen zu entwickeln und auszuführen, Berichte, Dashboards und Datenvisualisierungen zu erstellen, um die Analyseergebnisse sowohl den Entscheidungsträgern in Unternehmen als auch den operativen Mitarbeitern zugänglich zu machen.

    Business Intelligence entwickelte sich dann zunächst relativ unabhängig von „Data Warehousing“, „Enterprise Content Management“ und „Knowledge Management“. Business Intelligence-Systeme werden vor allem im deutschsprachigen Raum als analytische Informationssysteme verstanden. Inzwischen haben Data Warehousing und Business Intelligence-Systeme ein gewaltiges Wachstum, eine zunehmende Bedeutung für das Informationsmanagement sowie einige Paradigmenwechsel und Erweiterungen erfahren.

    Warum ist Business Intelligence wichtig?

    Ursprünglich wurden BI-Tools hauptsächlich von Datenanalysten und anderen IT-Experten verwendet, die Analysen durchführten und Berichte mit Abfrageergebnissen für Geschäftsanwender erstellten. Klassische Einsatzgebiete sind vor allem die Unternehmensbereiche Finanzen und Controlling. In zunehmendem Maße nutzen jedoch Führungskräfte und Mitarbeiter BI-Plattformen selbst, was zum Teil auf die Entwicklung von Selfservice-BI und Datenerfassungs-Tools und -Dashboards zurückzuführen ist.

    Um den immer größer werdenden Datenmengen Herr zu werden, haben sich in den vergangenen Jahren IT-gestützte Business Intelligence Systeme in den Unternehmen durchgesetzt.

    Gerade im Zusammenhang mit Big Data wird die analytische Komponente immer wichtiger. Dazu kommt der Paradigmenwechsel, vom automatischen System zur Verbreitung von Informationen an die verschiedenen Abteilungen von Industrie-, Wissenschafts- und Regierungsorganisationen hin zum Business Performance Measurement.

    Kompetenzen

    Grundsätzlich verfügt ein Data Scientist über eine gute Kommunikationsfähigkeit, eine schnelle Auffassungsgabe und kann erkennen, was für das Unternehmen den grössten Mehrwert schafft. Er entwickelt Massnahmen, testet sie aus und stellt das Ergebnis der Unternehmensleitung möglichst überzeugend vor. Das benötigte Wissen verfügt er zudem meistens bereits. Der Data Scientist hat ebenfalls Kenntnisse über Technologien wie Big Data und Machine Learning und Data Analytics wie Data Mining und Predictive Analytics (Steiner & Welker, 2016, S. 69-70). Der Umgang mit den Daten und deren Analyse setzt ein hohes Expertenwissen und ausserdem ein Verständnis von Geschäftszusammenhängen und -modellen voraus

    Zusätzlich weiss der Data Scientist viel über die praktische Informatik und Datenbanken und er kennt die wichtigsten Anwendungen zur Analyse und diverse Programmiersprachen (Steiner & Welker, 2016, S. 69-70). Alle diese Fähigkeiten zählen zu den Fachkompetenzen des Data Scientist (Schumann, Zschech & Hilbert, 2016, S. 462-464).

    Die benötigten Eigenschaften des Data Scientist können in einem Rollenmodell dargestellt werden (Horváth & Aschenbrücker, 2014, S. 52). Diese Anforderungen und Kompetenzen können mit den untenstehenden fünf Rollenbildern charakterisiert werden (Regelmann, 2017, S. 88).

    Häcker: Der Data Scientist hat in der Rolle des «Hackers» ein breites Wissen über Technologien wie Big Data. Er weiss wie die Daten analysiert und effizient eingesetzt werden können Er kennt sich zudem mit dem Programmieren aus. Um einfach und effizient programmieren zu können, wird die Skript- und Programmiersprache wie zum Beispiel Java vorausgesetzt

    Scientist: Die Fähigkeiten des «Scientists», die im Rahmen einer wissenschaftlichen Karriere erworben wurden, sind von grosser Bedeutung. Solche Fähigkeiten können selbständiges Arbeiten, schnelle Auffassungsgabe, Einsatzbereitschaft sowie Improvisationsvermögen sein Zusätzlich sind die Durchführungen und Strukturierung von Experimenten sowie die dazugehörende Analyse und Beschreibung der Ergebnisse sehr wichtig

    Quantitative Analyst: Sobald die relevanten Daten gesammelt, identifiziert sowie strukturiert sind, kommt anschliessend die Rolle des «quantitativen Analysten» zum Zug. Die Daten werden mittels mathematisch-statistischen Verfahren analysiert und ausgewertet. Die Ergebnisse sollten für jede Person verständlich sein, dazu sind visualisierende Illustrationen sehr hilfreich.

    Trusted Advisor: Der «Trusted Advisor» ist für die Kommunikation zwischen den IT-Spezialisten, den Entscheidungsträgern sowie den Anwendern der Analyseergebnisse von Big Data zuständig. Er muss beispielsweise der Geschäftsleitung verständlich erläutern können, welche Chancen und Nutzen bei der Anwendung von Big Data realisierbar sind Damit keine Missverständnisse zwischen den Schnittstellen entstehen, muss der «Trusted Advisor» folglich Kommunikations- und Beratungsfähigkeiten haben und muss sich in die Situation des Auftraggebers versetzen können.

    Business Expert: Der Data Scientist sollte in der Rolle des «Business Experts» Wissen ĂĽber das Geschäftsmodell haben. Nur dann kann er die Relevanz und den Wert von Daten beurteilen.  Weiter muss er ĂĽber die Konkurrenz, die Unternehmensprobleme, die Branche sowie ĂĽber innovative Produktideen Bescheid wissen. Aufgrund dieser Informationen kann der Data Scientist Ideen entwickeln und durch Analysen die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens beibehalten oder gar optimieren. Ein hohes Verständnis des Geschäftsmodells ist relevant.

    Organisatorische Eingliederung des Data Scientist

    Da all die obengenannten Anforderungen an eine Person zu viel wären und eine solche Person zudem in der Realität schwierig zu finden ist, wird die ErfĂĽllung der Aufgaben eines Data Scientist fĂĽr die meisten Unternehmen eine Teamaufgabe bleiben (Ruf & Schwab, 2016, S. 496). Durch die hohen Erwartungen an die Kompetenzen des Controllers oder bei der Einstellung eines Data Scientists stellt sich allerdings die Frage, wie dieser organisatorisch in das Unternehmen eingegliedert werden soll. Einzelne Stellen werden dabei oftmals dem Controlling oder der IT unterstellt. Werden allerdings grössere Teams gebildet, dann werden diese Abteilungen oft Data- oder Digital-Lab, Data & Analytics oder Data Science genannt. Dabei gibt es auch die Möglichkeit, ein Data Science Center zu errichten wo allen Kompetenzen gebĂĽndelt sind. (Langmann, 2019, S. 41).

    Vergleich Data Scientist und Controller

    • Gemeinsame und unterschiedliche Kompetenzen

    Obwohl es wie bereits erwähnt diverse Ähnlichkeiten zwischen dem Controller und dem Data Scientist gibt, sind es unterschiedliche Berufe mit unterschiedlichen Anforderungen. Während das Controlling eher vergangenheitsorientiert ist und Zahlen der Buchhaltung analysiert, arbeiten die Data Scientists mit unstrukturierten und aktuellen Daten. Nicht nur die Fachliteratur sieht einen bedeutenden Unterschied zwischen diesen beiden Berufen, sondern auch die Unternehmen. Bei der Analyse von 242 Stellenangeboten in Deutschland (151 Controller, 91 Data Scientists) kamen folgende Aufgabenprofile zustande

    Die Betrachtung der Aufgabenprofile zeigt, dass von den beiden Berufen ähnliche Kompetenzen erwartet werden. Die Data Scientists sind jedoch in den Bereichen Informationstechnologie, Statistik und Mathematik versierter. Hingegen nehmen die im Controlling angesiedelten Personen zunehmend eine unterstützende Funktion des Managements ein und entwickeln sich zum Business Partner. Die Berufe stehen somit eher in einer komplementären Beziehung zueinander. Aus der Ergänzung der beiden Berufe versprechen sich die Unternehmen in Zukunft viel. Damit diese Zusammenarbeit gelingt, werden von den Controllern vermehrt gute IT-Kenntnisse erwartet, nur dann wird er zum Partner des Data Scientist.

    In der folgenden Tabelle werden die Unterschiede der jeweiligen benötigten Kompetenzen von beiden Funktionen dargestellt (Horváth & Aschenbrücker, 2014, S. 58).

     

    Kompetenzen des Controllers

    Kompetenzen des Data Scientist

    Fachliche Kompetenzen

    Controlling Fachkenntnisse, Geschäftskenntnisse/-verständnis

    Verständnis von Unternehmenszielen und ihrer Verbindung zu Data Analytics. Engineering-Wissen über Realisierbarkeit, Skalierbarkeit und Kosten.

    Methodische Kompetenzen

    Analytische Kompetenzen, Lösungsorientierung, Umsetzungskompetenzen

    Solides Grundverständnis datengetriebener Modellbildung mit analytischen Methoden. Fähigkeiten zur Identifikation und Verknüpfung von Datenquellen. Beherrschung der notwendigen Algorithmen und Werkzeuge für Analyse und Verknüpfung.

    Persönliche Kompetenzen

    Leistungsorientierung, Belastbarkeit, Proaktivität, Gewissenhaftigkeit, Neutralität

    Urteilsfähigkeit bezüglich Werten und Normen und kommunikatives Talent zur Übersetzung von Ergebnissen in die Business-Welt.

    Soziale Kompetenzen

    Führungskompetenzen, kommunikative Kompetenzen, Teamorientierung. Kooperation, Empathie/Sensitivität, Konfliktfähigkeit, Kundenorientierung

    Fähigkeiten zur Übernahme von Verantwortung, Führungsverhalten, Nutzung von Geschäftskontakten.

    Aufgabenverteilung

    Auch die Aufgaben überschneiden sich beim Controller und dem Data Scientist. Dies vor allem im Bereich Planung und Kontrolle. Der Controller ist für die Planung, Konsolidierung sowie die Prüfung der Teilpläne zuständig. Beim Data Scientist liegt der Fokus auf der Optimierung des Planungsprozesses mithilfe von Technologien wie Big Data und Data Analytics wie Predictive Analytics. Der Data Scientist hat Muster zu erkennen, um daraus bessere Vorhersagen zu erstellen.

    Der Controller und der Data Scientist haben zudem beide eine Beratungs- und UnterstĂĽtzungsfunktion fĂĽr das Management. Die Beratungsfunktion entwickelt sich dabei immer mehr zu einer Hauptaufgabe der Controller. Dagegen wird der Data Scientist in der Praxis eher als technischer Experte wahrgenommen, welcher sich um die Analyse von Daten, beispielsweise mithilfe von Big Data, kĂĽmmert (FreistĂĽhler et al., 2019, S. 67).

    Die Informationsgewinnung des Controllers erfolgt in der Praxis hauptsächlich mit SAP-Systemen oder Excel. Der Data Scientist wird von den Unternehmen explizit gebeten, Information auf Basis von Technologien wie Big Data zu erschaffen. Durch die externe Gewinnung der Informationen kann der Data Scientist den Controller zusätzlich unterstützen. Vor allem könnte der Bereich Berichtswesen durch eine Zusammenarbeit beider Funktionen optimiert werden. Dies beispielsweise durch zusätzliche Informationen aus Daten von Social Media oder der Supply-Chain. Die Geschäftsleitung kann somit frühzeitig über allfällige Veränderungen der Umwelt informiert werden (Freistühler et al., 2019, S. 66).

    Da das Aufgabengebiet des Controllers sowieso schon sehr umfangreich und anspruchsvoll ist, ist es schwierig, auch noch die Anforderungen oder Aufgaben eines Data Scientist zu erfüllen (Steiner & Welker, 2016, S. 70). Deshalb werden für das Unternehmen die besten Resultate erzielt, wenn der Data Scientist und der Controller eng zusammenarbeiten und sich mit gegenseitigem Verständnis begegnen.

    Neues Rollenbild Digital Controller

    Auf der Suche nach Lösungen, wie Unternehmen den digitalen Wandel bewältigen können, hat sich ein neues Controlling-Kompetenzen-Profil entwickelt. Der Digital Controller zeichnet sich neben dem klassisch fundierten Controlling Fachwissen auch durch Wissen über das Gesamtgeschäft, Data Science, IT-Management und Leistungskultur aus. Diese statistischen, technischen und persönlichen Kompetenzen sollten dabei von der ganzen Abteilung abgedeckt werden (Elge & Keimer, 2018, S. 49-53). Controller müssen sich wandeln, sie müssen nicht nur das Geschäft als Business Partner verstehen, sondern auch die Fähigkeit haben Daten zu analysieren und zu kombinieren.

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